Ein neuer Alltag beginnt

10. bis 14. April 2018

Da ich ja nur drei Monate hier verbringe, folgte schon am Dienstag mein erster Arbeitstag. Dadurch, dass ich das sehr strukturierte Leben im Kloster mitlebe, hat sich schnell ein neuer Alltag für mich eingependelt, der wie folgt aussieht: Morgens um 7:30 Uhr gibt es Frühstück, nachdem die anderen schon gebetet haben und in der Messe waren (ich stehe erst zum Frühstück auf, die Messe, die in Bemba ist, würde ich sowieso nicht verstehen). Danach hab ich meist noch so eine Stunde Zeit, bevor ich zur Kirche gehe, da ich morgens von Dienstag bis Freitag in der Pfarrei mitarbeite. Bislang besteht meine Arbeit dort hauptsächlich darin, Leuten, die ihren Taufschein verloren haben, einen neuen auszustellen. Das dauert meist länger als es sich anhört, da ich erst mal die Leute im Taufregister finden muss, was einige Zeit dauert, wenn mir gesagt wird: „Ich wurde 1986 getauft. Oder 87. Naja, 85 wurde ich geboren.“ Dann kommt es auch noch gar nicht so selten vor, dass die Leute irgendwann ihren Namen geändert haben oder für die Eltern ganz andere Namen eingetragen sind, als mir gesagt wurde. Aber mittlerweile kenne ich die Taufregister ganz gut und weiß auch, wo die Angaben häufig anders sind und worauf ich somit beim Suchen achten muss. Dazu kommt außerdem, dass die Leute oft kein Englisch sprechen, weshalb ich die wichtigsten Wörter zur Kommunikation auf Bemba gelernt habe – es klappt erstaunlich gut, mit nur einzelnen Wörtern wie „Name“, „Name deines Vaters“, „Taufjahr“ zu kommunizieren, davon bin ich immer wieder fasziniert.

Eingang des Klosters

Um 12:30 Uhr essen wir gemeinsam zu Mittag (in der Gemeinschaft wird allgemein viel Wert auf gemeinsame Mahlzeiten gelegt) und bis um 14:30 Uhr habe ich Pause, da dann das Oratorium im Jugendzentrum öffnet. Die Pause nutze ich allerdings mittlerweile meistens dazu, Computerunterricht vorzubereiten, denn das ist nun meine Hauptaufgabe im Jugendzentrum. Es gibt hier einen Raum mit Computern, allerdings hat in den letzten Monaten niemand unterrichtet. Jetzt bin ich daher komplett dafür verantwortlich, was anfangs ein bisschen überfordernd war, weil ich nur einen Schlüssel für den Raum bekommen habe und Fr Njolo mir zwar auch zwei Bücher über Computer gegeben hat, die aber für Basis-Computerunterricht viel zu fortgeschritten sind. Meine erste „Unterrichtsstunde“ war dementsprechend unorganisiert, da ich erst mal herausfinden musste, auf welchem Stand die Jugendlichen sind; es waren beim ersten Mal allerdings auch nur drei Jungs da.

Tja, und beim Wissensstand habe ich schnell festgestellt, dass es für mich nahezu unmöglich ist, die Jugendlichen gemeinsam zu unterrichten, da alle auf einem anderen Stand sind. Manche hatten zuvor schon Computerunterricht, andere haben den Computer schon ein paar Mal in der Schule verwendet, wieder andere saßen gerade zum ersten Mal vor dem Bildschirm und haben zögerlich die Maus bewegt. Außerdem lernen alle in sehr unterschiedlichem Tempo, weshalb die gleiche Aufgabe den einen langweilen und den anderen im gleichen Moment komplett überfordern kann.

Mittlerweile versuche ich, die Jugendlichen immer ungefähr nach Lernstand auf die Computer aufzuteilen und dann jeweils an einem Computer zu erklären, während die anderen Aufgaben machen. Eine weitere Schwierigkeit ist außerdem, dass die Art zu lernen und zu lehren hier sehr anders ist als in Deutschland und die Jugendlichen auf einem viel niedrigeren Bildungsstand sind als ich erwartet hätte. Die meisten von ihnen haben im letzten Jahr die Schule beendet (also im gleichen Jahr wie ich), gehen allerdings noch nicht in die Uni, da ihre Familien nicht genug Geld dafür haben. Das Bildungssystem ist hier allerdings daraus ausgelegt, einfach nur Definitionen auswendig zu lernen und wieder auszuspucken; selbst denken und etwas wirklich zu verstehen, sich Lösungen oder Erklärungen zu erschließen und auch Texte zu schreiben fallen dabei komplett hinten runter. Bei Word zum Beispiel habe ich anfangs noch versucht, ihnen immer wieder Aufgaben zu geben, bei denen sie einfach nur Texte schreiben sollten, um sich an die Tastatur zu gewöhnen (zum Beispiel über den Lieblingsfilm, einen Brief, über einen Sport, …), allerdings hatten die Jugendlichen große Probleme mit so einer Aufgabe, da sie es nicht gewohnt sind, selbst einen Text auszuformulieren.

Mit dem gemeinsamen Abschluss des Oratoriums durch ein Gebet endet auch mein Arbeitstag. Eine Stunde später werden im Kloster gemeinsam die Vesper und der Rosenkranz gebetet, wo ich meistens dabei bin. Um 19:30 Uhr essen wir gemeinsam zu Abend und der Tag ist damit beendet.

ein Teil des Jugendzentrums
Es ist eine ziemlich ungewohnte Erfahrung, so einen durchstrukturierten Alltag zu haben und manchmal stört es mich, dass die Zeiten immer so fest sind, aber ich habe mich auch schnell daran gewöhnt. Auch diese Struktur unterscheidet diese Erfahrung Sambia sehr von meiner Erfahrung Kamerun, denn während dort irgendwie jeder Tag ein neues Abenteuer war, habe ich hier ziemlich schnell einen Alltag erreicht und viel Unerwartetes oder Abenteuerliches passiert da meist auch nicht. Trotzdem lerne ich jeden Tag viel Neues über die Kultur, das Leben, Religion, mich selbst und habe sehr viel Zeit zum Nachdenken (und nutze zu wenig Zeit zum Blog schreiben), mal sehen wie viele von diesen Gedanken noch Eingang in den Blog erfahren werden.

Eine weitere Aufgabe von mir sollte sein, Samstagmorgens die Katechese für Erstkommunionkinder zu machen. Also machte ich mich am Samstag nach dem Frühstück auf den Weg zur Kirche, wo verschiedene Gruppen Katechesen hatten, um (wie ich dachte) einmal zuzusehen und zu verstehen, wie das hier funktioniert und was ich da machen soll. Doch als ich ankam, zeigte Fr Musenge nur auf eine Gruppe und sagte: „Das ist deine Gruppe, ihr könnt sofort anfangen.“ Und auf meinen wohl etwas verlorenen und überforderten Blick hin, fügte er noch hinzu: „Erzähl ihnen einfach irgendetwas über Gott und die Bibel.“ Achso, na dann. Letztendlich habe ich die Stunde damit zugebracht, die Kinder durch ein paar Spiele kennenzulernen, um mir für die nächste Woche in Ruhe etwas überlegen zu können. Es handelt sich dabei übrigens um Kinder im Alter von 9 bis 14, die im Prinzip schon mit ihrer Vorbereitung durch sind, allerdings ist momentan noch kein Sonntag frei für die Feier der Erstkommunion, weshalb ich sie jetzt sozusagen „hinhalte“.

Am Nachmittag wollte ich eigentlich bei der Probe des English Youth Choirs vorbeischauen, allerdings traf ich nur ein Mitglied, von dem ich erfuhr, dass genau an diesem Samstagnachmittag nicht geprobt wurde. Also verbrachte ich den Nachmittag stattdessen wieder beim Oratorium im Jugendzentrum. Dort war an diesem Nachmittag außerdem auch die Gruppe „Holy Childhood“, eine Gruppe von Kindern, die sich regelmäßig gemeinsam treffen, wie Gruppenstunden in Jugendorganisationen bei uns. Da ich anfangs einmal erwähnt hatte, dass wir in Kumbo einen Drama Club gegründet hatten und, dass ich sehr gerne etwas mit Theater mache, und die Holy Childhood Gruppe demnächst zu einem großen Treffen mit den Gruppen anderer Pfarreien fahren würde, schlug Fr Musenge vor, dass ich mit ihnen ein kleines Theaterstück einstudieren sollte. Kurz vor Schluss des Oratoriums traf ich noch kurz die Gruppe und erfuhr das Thema des Treffens („Children help the children to plant the seed of faith.“), um daraus dann ein kurzes Stück zu basteln.

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