Stadterkundung und neue Herausforderungen

15. bis 22. April 2018

Sonntagnachmittag war das Jugendzentrum außergewöhnlich voll, da ein Fußballspiel dort stattfand. Es gibt hier ein eigenes Fußballteam und die meisten Jugendlichen, die regelmäßig ins Jugendzentrum kommen, kommen auch nur zum Fußball spielen. Gleichzeitig fand das Oratorium normal statt, welches am Wochenende wesentlich besser besucht ist als unter der Woche. Als die Kinder der Holy Childhood Gruppe kamen, konnte ich starten, mit ihnen das Theaterstück einzuüben. Passend zum Thema „Children help the children to plant the seed of faith” (Kinder helfen Kindern den Samen des Glaubens zu pflanzen) spielte ich mit ihnen das Gleichnis vom Sämann nach, um es dann mit dem Leben als Kind zu verknüpfen. Mit den Kindern Theater zu spielen war für mich nicht besonders schwer, allerdings damit umzugehen, dass die erwachsenen Leiter der Gruppe dabei waren und das, was ich gesagt habe, meist nicht nur in Bemba übersetzt haben, sondern auch gleich einige Schritte weitergegangen sind und somit meine Planung immer wieder zunichte gemacht haben. Während ich mich mit den Kindern nämlich langsam dem Stück nähern und gemeinsam ein Spiel daraus entwickeln wollte, erwarteten sie, dass die Kinder direkt spielen und ich ihnen genau sage, was sie machen soll. Das fand ich sehr schade, da wir eigentlich genug Zeit hatten, um das Ganze langsamer anzugehen und ich glaube, dass das Ergebnis dann besser geworden wäre. Aber die Lehrmethoden sind hier nun mal sehr anders als bei uns. Dennoch hatten die Kinder und auch ich viel Spaß beim Spielen. Dieses Treffen war auch nur ein erstes Treffen, bis zu der Veranstaltung, bei der sie es präsentieren sollen, war noch einige Zeit hin.

Holy Childhood ist übrigens eine der sogenannten Pontifical Mission Societies, also päpstlichen Missionsgesellschaften wörtlich übersetzt, die es nicht nur hier, sondern auf der ganzen Welt gibt. Nach etwas Recherche, habe ich herausgefunden, dass auch ich selbst einmal zu dieser Gruppe dazu gehört habe, denn in Deutschland entsprechen die Sternsinger dieser Holy Childhood Gruppe.

An diesem Sonntag wurde außerdem einer der beiden Aspiranten verabschiedet. Er hatte ein halbes Jahr lang im Kloster gelebt und sich nun dagegen entschieden, dem Orden beizutreten, weil er lieber in die Politik gehen möchte und es nicht möglich ist, Geistlicher und Politiker zu sein. Wir werden wohl sehen, was man in einigen Jahren über die Politik Sambias in den Nachrichten hört, gute Ideen für einen Wirtschaftsaufschwung hat er schon mal. So hat er mir bereits erklärt, dass Deutschland doch endlich Marihuana legalisieren sollte, damit Sambia dorthin exportieren könnte.

An meinem freien Montag habe ich zu Fuß ein wenig die Stadt Kabwe erkundet und dabei leider viel zu oft alles mit Kumbo und Kamerun verglichen (generell ist es sehr schwierig dieses ständige Vergleichen auszustellen). Kabwe ist ein wenig größer als Kumbo aber ganz anders aufgebaut, was allein schon daran liegt, dass es komplett flach ist. Es gibt eine große Hauptstraße (die älteste und bedeutsamste Straße, die das südliche mit dem nördlichen Afrika verbindet), an der auch das Kloster der Salesianer liegt. An der Hauptstraße entlang brauche ich ungefähr eine Viertelstunde bis ich in der „Innenstadt“ mit den meisten Geschäften bin, ein relativ großer Markt ist aber gleich gegenüber. Die Menschen leben zum größten Teil nicht direkt in der Stadt, sondern etwas außerhalb in den sogenannten Compounds. Was mir gleich zu Beginn schon gesagt wurde, ist, dass es in Kabwe da wohl eine relativ große Teilung zwischen arm und reich gebe – auf der einen Seite der Stadt leben eher die reichen, auf der anderen Seite die armen. Dies konnte ich auch beobachten, denn während hinter dem Kloster Makululu, der zweitgrößte Compound Afrikas (wie mir gesagt wurde), liegt, in dem die meisten Häuser weder Strom haben noch an die Wasserversorgung, geschweige denn Kanalisation angeschlossen sind, reihen sich, je weiter man auf der anderen Seite aus der Stadt hinausgeht, immer mehr große, von Mauern umringte Häuser aneinander.

Allgemein ist Kabwe wesentlich moderner als ich es mir nach meiner Erfahrung aus Kumbo vorgestellt habe. Es gibt mehrere große Supermärkte (Shoprite, eine südafrikanische Supermarktkette, die im Prinzip alles im Angebot hat), Fast Food Ketten (selbst einen Subway habe ich schon gesehen), die Straßen sind gut ausgebaut und die Leute tragen auch eher westliche Kleidung als Selbstgeschneidertes auf traditionellen Stoffen, wie das in Kamerun oft der Fall war. Außerdem gibt es hier wesentlich mehr Ausländer, so werden zum Beispiel viele Geschäfte von Indern oder Chinesen geleitet und in durch die Industrie und Entwicklungshilfe sieht man auch immer wieder Europäer oder Amerikaner. Dadurch ergibt sich allerdings auch eine größere Teilung der Bevölkerung, denn während in Kumbo zum Beispiel alle auf dem Markt gegangen sind (der Supermarkt hat schlicht und einfach nicht viel hergegeben), scheint hier der Markt etwas „für die Armen“ zu sein. Als ich am Montag in einem kleinen Shop auf dem Markt etwas gekauft habe, wurde ich vom Verkäufer gefragt, ob ich mich verlaufen hätte. Als ich ihn daraufhin verständnislos ansah, fügte er hinzu: „Weil du auf dem Markt bist, die Weißen gehen nicht auf den Markt, die kaufen im Shoprite ein.“

Eine neue Herausforderung wartete am Dienstagnachmittag auf mich, da der Strom ausgefallen war und ich mit meinen Computerschülern somit Theorie machen musste. Normalerweise ziehe ich Praxis der Theorie eindeutig vor, zum einen, weil ich glaube, dass die Jugendlichen wesentlich mehr damit anfangen können, Texte in Word zu tippen oder Power Point Präsentationen zu erstellen als damit, mit Fachbegriffen erklären zu können, wie der Computer funktioniert. Außerdem habe ich selbst nie die Theorie gelernt und muss mir dementsprechend das Wissen, das ich weitergeben soll, erst mal selbst aneignen. Glücklicherweise war es bislang der einzige Nachmittag ohne Strom – allgemein ist der Strom hier recht zuverlässig.

Auf dem gleichen Gelände wie das Kloster und das Jugendzentrum befindet sich noch eine dritte Institution, nämlich eine Grundschule. Diese gehört allerdings nicht zu den Salesianern, sondern wird von einem irischen Paar geleitet und teilt sich nur das Grundstück. Kurz vor den Ferien feiert Fr Musenge mit den Schülern allerdings immer einmal Gottesdienst und da die Ferien gerade anstanden, war es in dieser Woche Zeit dafür. Ich besuchte den Gottesdienst ebenfalls, auch wenn ich in Bemba nicht viel verstand (das Gute an katholischen Gottesdiensten ist allerdings, dass man ihnen auch ohne die Sprache zu können, folgen kann, weil sie ja doch immer gleich ablaufen). Mit der Schule sollen vor allem die Kinder aus der ganz unteren Gesellschaftsschicht aufgefangen werden, die sich kein Schulgeld leisten können oder gar auf der Straße leben. Entsprechend laut und lebendig war auch der Gottesdienst. Ich fand es sehr schön, dieses Projekt dadurch etwas kennenzulernen und es scheint mir sehr gut zu funktionieren.

Samstagmorgen stand ich um 7:25 Uhr mit einer Scheibe Brot in der Hand in der Küche, während Ba Anne, die Haushälterin im Kloster, (Ba wird hier aus Höflichkeit vor Namen gesetzt) mich darauf hinwies, dass um 7:30 Uhr der Gottesdienst beginnen würde. Da ich danach die Katechese für die Erstkommunionkinder leiten sollte, wollte ich auch den Gottesdienst besuchen (auch wenn er in Bemba war), schließlich wurde das auch von den Kindern erwartet. Dass ich so knapp losgegangen bin, lag schlicht und einfach daran, dass ich erst am selben Morgen die Katechese vorbereitet hatte. Auch wenn ich mir jedes Mal vornahm, in der nächsten Woche zeitlicher damit zu beginnen, lief letztendlich jeder Samstagmorgen genauso ab – ich habe es allerdings immer noch pünktlich in die Messe geschafft und hatte auch jedes Mal eine vorbereitete Katechese.

Da Fr Musenge mich darauf hingewiesen hat, dass bei der Vorbereitung oft vernachlässigt wird, sich in der Bibel zurechtfinden zu können und die Bücher darin zumindest grob zu kennen, habe ich mit den Kindern das Alte Testament durchgenommen. Es war ein bisschen herausfordernd, denn die meisten von ihnen waren nicht besonders aktiv, sondern haben mich nur angestarrt, auf Fragen geantwortet haben nur sehr wenige. Ich konnte bis zum Ende hin nicht herausfinden, ob das Problem die Fragen und Themen selbst oder die Sprache Englisch war, obwohl ich sie immer wieder darauf hingewiesen habe, dass sie mir bescheid sagen sollen, wenn ich langsam sprechen oder jemand auf Bemba übersetzen soll. Außerdem war die Antwort, die ich wohl am häufigsten gehört habe „We don’t know anything“, wobei sich nach genauerem Nachfragen immer herausgestellt hat, dass die Kinder doch schon eine ganze Menge wissen. Wie dem auch sei, ich kann nur hoffen, dass sie wenigstens irgendetwas für sich daraus mitgenommen haben und es nicht nur vergeudete Zeit war.

Am nächsten Tag fand in der Pfarrei der Vocation Sunday (Berufungssonntag) statt. Dabei stellten sich verschiedene Orden den Jugendlichen vor und brachten ihnen das geweihte Leben näher. Ich habe davon leider nicht so viel mitbekommen, weil ich wie immer die englische Messe besuchte und den Vormittag über mit Kochen beschäftigt war (sonntags muss einer aus der Gemeinschaft kochen und da ich für gewöhnlich nun mal die mit der wenigsten Arbeit bin, fällt das momentan meist auf mich). Nachdem Vorträge und Gespräche am Vormittag direkt an der Kirche stattfanden, verlegte sich der spaßige Ausklang aufs Jugendzentrum, wo es unter anderem Netball-Turniere mit Schwestern (die in der Tat ihren Habit trugen) und ein Fußballturnier der Seminaristen gegen die Priester gab. Selbst der Bischof, der übrigens auch Salesianer ist, ließ sich dabei blicken.

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