Ferienzeit und das Alkoholproblem in Sambia

23. April bis 13. Mai 2018

In dieser Woche begannen die Ferien in Sambia und damit füllte sich die Klasse meiner Computerschüler rasch, da viele Jugendliche in der Schulzeit keine Zeit haben, nachmittags ins Jugendzentrum zu kommen. Außerdem sprach sich der angebotene Computerunterricht langsam herum, was auch immer mehr Schüler brachte. Momentan kommen immer um die 10-15 Jugendlichen, was bei sechs Computern eine ganz angenehme Zahl ist.

Sonntagnachmittag habe ich Fr Njolo zu einem Youth Gathering begleitet. Dabei trafen sich die Jugendlichen aus der Pfarrei und es wurde aus den Small Christian Communitys (hier Chitente genannt) berichtet – von vergangenen und geplanten Aktivitäten und allgemein wie die Jugendarbeit läuft. Da meist auf Bemba gesprochen wurde, habe ich leider nicht viel verstanden, auch wenn ein Mädchen neben mir netterweise versucht hat, mir zu übersetzen.

Der 01. Mai war auch in Sambia als Tag der Arbeit ein freier Feiertag, wobei das Jugendzentrum dennoch am Nachmittag geöffnet hatte. An diesem Tag kam mich außerdem Miriam aus Solwezi besuchen. Sie war ursprünglich auch eine Freiwillige des Bistums Limburg und sollte nach Ndola (ein Bistum in Sambia) gehen, allerdings gab es dort kurz vor Ausreise Probleme in der Bistumspartnerschaft, weshalb sie letztendlich über eine andere Organisation nach Sambia gehen musste. Es tat mir sehr gut, nach über drei Wochen in Sambia mal wieder eine andere Freiwillige und jemanden aus der eigenen Kultur zu treffen und wir haben den Tag gemeinsam genossen, auch wenn ich am Nachmittag trotzdem Computerunterricht gegeben habe.

Gleich mit einer nächsten Freiwilligen ging die Woche weiter, da ich Freitagabend eine andere Freiwillige aus Kabwe besucht habe und gemeinsam mit ihr bei einer Veranstaltung einer christlichen Organisation war. Die Veranstaltung war ganz interessant, verschiedene Künstler haben ihr Talent (mehr oder weniger gut) auf der Bühne präsentiert, wobei es sich immer in irgendeiner Form um Gott und Lobpreis gehandelt hat. Besonders gut gefallen hat mir dabei eine Art Theaterstück zu Musik, bei dem es darum ging, sich nicht vom Glauben an Gott abbringen zu lassen, das wurde beeindruckend ohne Worte dargestellt. Ansonsten waren die Beiträge eher so lala und die Organisation, die sich soweit ich das verstanden habe, auch nicht direkt einer Kirche zuordnet, ist mir noch etwas suspekt, trotzdem war es ein schöner Abend.

Nachdem ich am Anfang meiner Zeit in Sambia ja schon einmal erfolglos versucht habe, beim English Youth Choir vorbeizuschauen, habe ich am folgenden Samstag zufällig ein Mitglied des Chors getroffen, das mir auch versichert hat, dass am Nachmittag geprobt würde, also hieß es für mich nun Auf ein Neues. Tatsächlich hat die Probe zwar über eine Stunde später begonnen als geplant, aber immerhin war ich heute nicht allein da. Es war richtig schön, mal wieder mit Gleichaltrigen einfach zusammen zu singen und ich bin jedes Mal von neuem erstaunt, wie einfach so ein Chor funktionieren kann, denn hier gibt es keine Notenblätter oder so, sondern wer ein Lied kennt, der singt es den anderen einfach vor und die nehmen dann von selbst die Melodie und den Text auf. Es geht nicht darum, perfekt zu singen, sondern einfach Spaß zu haben dabei. Neue Leute kennenlernen bedeutete der Chor für mich allerdings nicht, wie ich zuvor erwartet hatte, da fast alle Chormitglieder auch meine Computerschüler sind.

Das Theaterprojekt mit den Holy Childhood Kindern war seit dem einen Treffen nicht mehr vorangegangen und weil mir von den Leitern der Gruppe immer nur gesagt wurde „Jaja, morgen kommen wir!“, hatte ich eigentlich schon fast damit abgeschlossen, aber nun näherte sich das Treffen, auf das sie sich vorbereiteten in großen Schritten und so trafen wir uns doch noch zwei Mal und probten das Theaterstück ein. Leider konnte ich bei dem Treffen nicht dabei sein und somit nicht sehen, wie sie es letztendlich präsentiert haben.

In der folgenden Woche leitete ich bereits zum letzten Mal die Katechese, da am Pfingstsonntag die Erstkommunion stattfinden sollte. Daher hatte ich mir für die Kinder ein Quiz im Stil von „Eins, Zwei oder Drei“ ausgedacht, wobei sie keine Gruppen bildeten, sondern jeder für sich alleine immer zu der Antwort gehen sollte, die er für richtig hielt. Während ich sonst meist eher in unmotiviert dreinblickende Gesichter geschaut und verzweifelt versucht habe, irgendein Interesse zu wecken, waren sie diesmal alle aufgeweckt und wer bei der richtigen Antwort stand, hat laut gejubelt und die anderen seinen Triumph spüren lassen.

Am Sonntagnachmittag habe ich gemeinsam mit Fr Njolo und drei Jugendlichen aus dem oben angesprochenen Youth Gathering drei Chitentes besucht, die sich Sonntagsnachmittags immer treffen. Dort haben wir jeweils kurz die Jugendlichen zusammengerufen, um zu sehen, wie die Jugendarbeit läuft, ob sie Unterstützung bei irgendetwas brauchen oder Ähnliches. Leider habe ich wieder wenig verstanden, weil immer auf Bemba gesprochen wurde. Dafür war ich dabei zum ersten Mal in Makululu, dem Compound hinter dem Kloster aus dem die meisten Mitglieder der Gemeinde und Jugendlichen im Jugendzentrum kommen. Makululu ist der zweitgrößte Compounds Afrikas (wie mir von allen Leuten hier stolz berichtet wird), allerdings leider ziemlich verkommen und ähnelt an vielen Ecken eher einem Slum. Normalerweise haben in Kabwe die meisten Menschen in den Mienen gearbeitet, doch da diese mittlerweile geschlossen sind, gibt es kaum Jobs in der Stadt und gerade in Makululu tummelt sich die arbeitslose Bevölkerung und somit Armut. Die meisten Häuser sind weder an das Stromnetz noch an eine Wasserversorgung angeschlossen und da viele Menschen keine Arbeit und somit auch den ganzen Tag über nichts zutun haben, ist ein zweites Problem sehr groß hier: Alkohol.

Allgemein herrscht ein sehr großes Alkoholproblem in Sambia, welches ich so nicht erwartet hätte. Es scheint hier nahezu überhaupt keine Aufklärung bezüglich der Schäden von Alkohol (auch zum Beispiel Alkoholkonsum in der Schwangerschaft) zu geben und Bier ist sehr günstig, vor allem das Selbstgebraute – manchmal sogar günstiger als Nshima. Was machen die Leute also, wenn sie nichts zu tun und wenig Geld haben? Sie treffen sich schon am Vormittag in einer Bar und trinken Bier. Tatsächlich wäre der einzige Weg, gegen dieses Problem anzusteuern, wohl der, Jobs zu schaffen, da auch Aufklärung die Menschen nicht aus ihrer Perspektivlosigkeit herausholen und daher vermutlich kaum interessieren würde. Für mich ist es wirklich erschreckend, wie viele Menschen auf der Straße bereits am Mittag betrunken sind und ich komme gerade dadurch auch nicht selten in unangenehme Situation, in denen Menschen nicht mehr von mir lassen, mich festhalten oder Ähnliches. Als „Weiße“ falle ich ja sowieso schon auf der Straße auf, werde ständig angesprochen oder mir werden irgendwelche Sachen hinterhergerufen; wenn dann auch noch jemand durch den Alkohol restlos sein Schamgefühl verliert, kann das entsprechend unangenehm werden.

So wurde ich, als wir aus Makululu zurückkamen, auf dem Weg von einem offensichtlich betrunkenen Mann festgehalten, der erst von mir gelassen hat, als zwei Männer ihn zurückgestoßen und zurückgehalten haben, während ich weitergegangen bin. Als diese Szene vorbei war, hat mich Fr Njolo gefragt, ob mich das geschockt hätte. Und als ich ziemlich trocken mit „Nein“ geantwortet habe, meinte er zum Spaß „Passiert dir wohl täglich.“, wobei er aufhörte zu lachen, als ich das ziemlich ernsthaft bejahte. Täglich ist zum Glück doch etwas übertrieben, allerdings passiert es mir doch fast immer, wenn ich in die Stadt oder auf den Markt gehe, dass irgendjemand mich mal festhält oder meint, mich für längere Zeit begleiten zu müssen. Leider ist den Menschen selbst und auch denen um mir herum dann meistens nicht bewusst, dass das gerade kein Einzelfall ist, sondern ziemlich oft passiert.

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