Kirche und Glaube Teil 1 - Bedeutung der Kirche und Kirchenstruktur

Kirche, Glaube, Religion. Das sind die Themen, die mich mit am stärksten während meines Freiwilligendienstes beschäftigt haben. Bewusst habe ich mich mit dem Bistum Limburg für eine kirchliche Entsendeorganisation entschieden, da auch in Deutschland der Glaube für mich schon eine große Rolle spielte und schnell habe ich im Ausland gemerkt, wie sehr mein Leben immer mehr religiös geprägt wurde. Nicht nur, weil sowohl in Kamerun als auch in Sambia Kirche und religiöse Feste mehr zum Alltag gehören, sondern auch, weil ich in kirchlichen Einrichtungen gearbeitet, in Sambia gar im Kloster gelebt habe. Da ihr in meinen bisherigen Berichten sicherlich schon einen kleinen Einblick in das Glaubensleben der Menschen und die Bedeutung der Kirche in Kamerun und Sambia bekommen habt, aber doch alles nur stückchenweise und oft nur oberflächlich kam, möchte ich nun in einer kleinen Artikelreihe etwas detaillierter darüber berichten. Wie ist die Kirche strukturiert? Wie läuft der Gottesdienst ab, wie die kirchliche Arbeit? Wie unterscheidet sich der Glaube von dem in Deutschland? Und zum Schluss auch die Frage: Was hat sich dadurch auch für mich verändert und wie hat sich mein Glaube in dieser Zeit entwickelt?

Bei all diesen Posts vergleiche ich im Prinzip drei Länder miteinander – Kamerun, Sambia und Deutschland, wobei ich Kamerun und Sambia dabei oft zusammenfassen werde, da viele Dinge doch in beiden Ländern sehr ähnlich sind, aber stark von unseren deutschen Strukturen und Gewohnheiten abweichen. Es gibt aber natürlich auch Unterschiede zwischen den beiden afrikanischen Ländern, die ich ebenfalls ansprechen werde.

Im ersten Teil dieser Reihe geht es um die Bedeutung von Kirche und Religion für die Menschen und die Gesellschaft in den beiden Ländern. Außerdem möchte ich euch einen groben Überblick geben, wie die Kirche hier strukturiert ist, was auch die folgenden Artikel verständlicher machen soll.

Jeder ist religiös

Tatsächlich ist dieses Statement vielleicht nicht zu 100% wahr, aber doch sehr nah an der Realität. Während sich in Deutschland mittlerweile der größte Teil der Bevölkerung keiner Religion mehr zugehörig fühlt, gehört hier nahezu jeder einer Glaubensgemeinschaft an. In Sambia ist es vor allem das Christentum, wobei die evangelische Kirche vor allem durch ihre vielen Freikirchen die meisten Menschen anzieht. Es gibt aber auch Muslime, wenige Juden und in abgelegenen Regionen noch Anhänger traditioneller Naturreligionen. In Kamerun sind die drei großen Religionsgemeinschaften katholische Kirche, evangelische Kirche und Islam zu etwa gleichen Teilen in der Gesellschaft vertreten. Außerdem gibt es auch hier wenige Juden und ebenso wie in Sambia Anhänger traditioneller Naturreligionen in abgelegenen Regionen.

St. Mary's Parish Kabwe
Für viele Menschen ist es sehr unverständlich, wenn jemand überhaupt nicht gläubig ist und vor allem in Kamerun habe ich die Erfahrung gemacht, dass es ihnen auch oft gar nicht so wichtig ist, welcher Religion jemand angehört, solange er an irgendeinen Gott glaubt. Die Akzeptanz der Religionen untereinander ist also sehr hoch, während Atheismus abgelehnt wird.

Egal welcher Religionsgemeinschaft jemand angehört, diese strukturiert auch das alltägliche Leben der Menschen, da man automatisch auch einer Gruppe zugehörig ist, in der erwartet wird, dass man sich einbringt und beteiligt. Das religiöse Leben bestimmt den Alltag sehr stark, seien es regelmäßige Gebete (zum Beispiel vor den Mahlzeiten), Gottesdienste oder Treffen von Gruppen, die zur Kirche gehören. Dass die Kirche dort so einen hohen Stellenwert hat oder überhaupt erst haben kann, liegt in meinen Augen auch daran, dass es für die Menschen wenige Alternativen gibt. Während ich in Deutschland zum Sport in den Sportverein, zum Musizieren in die Musikschule, zum Gleichgesinnte treffen zu einem Stammtisch gehen kann, läuft all sowas dort über die Kirche, weil es einfach keine (erschwinglichen) Angebote außerhalb gibt.

Vom Bistum zur kleinen Gemeinde

Gerade dadurch, dass die Kirche hier einen so hohen Stellenwert hat und viele Leute in die Kirche gehen, braucht es eine andere Struktur als wie sie kennen. Ich habe diese Struktur einmal schematisch festgehalten, allerdings mit englischen Begriffen, die sich nicht alle perfekt übersetzen lassen.


Da die Strukturen über der Diözese dieselben und für das alltägliche Glaubensleben nicht bedeutsam sind, beginne ich bei der Diözese. Innerhalb einer Diözese gibt es mehrere Deanerys – ein Wörterbuch hat mir als wörtliche Übersetzung dafür „Kirchenkreis“ ausgespuckt. Ehrlich gesagt bin ich gar nicht sicher, ob wir so etwas nicht auch in Deutschland haben, ich habe es allerdings bislang zumindest noch nicht so präsent wahrgenommen. Eine Deanery umfasst mehrere Parishes, also Pfarreien, innerhalb einer Region. Das Bistum Kumbo hat beispielsweise acht Deanerys, das Bistum Kabwe hat lediglich drei. Eine Pfarrei erschien mir auf den ersten Blick ähnlich wie in Deutschland, gerade wo wir nun diesen Wandel zu den „Pfarreien neuen Typs“ haben. Tatsächlich ist die Struktur vergleichbar, jedoch nicht gleich. Jede Pfarrei hat eine Pfarrkirche (Parish Church), bei der auch der Priester, der verantwortlich für die Pfarrei ist (Parish Priest), lebt. Diese Pfarrkirche ist die größte Kirche der Pfarrei und diejenige, in der die meisten und großen Gottesdienste stattfinden. 

Eine Pfarrei hat neben der Pfarrkirche außerdem in Kamerun mehrere Mission Stations, in Sambia Outstations. Tatsächlich bin ich nicht ganz sicher, ob ich Mission und Outstations direkt vergleichen kann, vor allem weil ich in Sambia eigentlich nur die Erfahrung aus einer Pfarrei habe. Die Mission Stations sind ein wenig wie die einzelnen Gemeinden bzw. Kirchorte in Deutschland, also auch noch einmal eigene Kirchen um die Pfarrkirche herum, in denen mindestens der Sonntagsgottesdienst gefeiert wird. Diese Missions sind aber ganz klar der Pfarrkirche untergeordnet und weniger gleichwertig wie das in Deutschland (oder zumindest in meiner Pfarrei) der Fall ist. In Sambia oder zumindest der Pfarrei, in der ich war, ist das System ein wenig anders, denn hier gibt es die Outstations, abgelegene Kirchen, die auch durchaus mal eine Stunde von der Pfarrkirche entfernt sein können, für die der Priester der Pfarrei mitverantwortlich ist. Durch die abgelegene Lage der Outstations ist es für die meisten Menschen dort nahezu unmöglich, in irgendeiner Art und Weise auf Pfarrei-Ebene aktiv zu sein.

eine Outstation in Sambia
Als unterste Stufe in dieser Struktur gibt es außerdem die Small Christian Communitys (kurz SCCs); etwas, was wir in Deutschland nicht haben. Die kleinen christlichen Gemeinden sind eine Art Hausgemeinden, die sich regelmäßig (z. B. jeden Sonntagnachmittag) treffen, um gemeinsam zu beten, zu singen oder sich anderweitig in familiärem Kreis mit Religion auseinanderzusetzen. Jedes Gemeindemitglied gehört automatisch einer SCC an und es wird auch erwartet, sich dort einzubringen.

Vor allem auf den Ebenen der Pfarrei, Mission Station und SCC gibt es zahlreiche Kirchengruppen, die die Menschen noch stärker an das Gemeindeleben binden; davon berichte ich im nächsten Artikel.

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