Zurück in Deutschland

Seit sechs Wochen bin ich nun schon wieder zurück in Deutschland und langsam ist es an der Zeit, hier vom Zurückkehren zu berichten. Dadurch, dass ich nach den acht Monaten in Kamerun auch schon einmal für zwei Wochen Zuhause war, war ich schon ein bisschen darauf vorbereitet, wie es sein würde, zurückzukommen, allerdings fühlt es sich doch noch einmal anders an, wenn man nicht nur für eine kurze bestimmte Zeit nach Hause kommt, sondern wieder vollständig, und ein Jahr damit beendet ist.

Über meine kurze Zeit in Deutschland im März/ April habe ich in diesem Blog nicht berichtet, doch gerade dieses erste Zurückkommen war eigentlich besonders, da es das erste Mal war, dass ich nach längerer Zeit im Ausland wieder nach Deutschland kam. Bei diesem Besuch fielen mir viele Dinge in Deutschland auf, ich war über einiges überrascht und nun bei meiner zweiten Rückkehr schon so darauf gefasst, dass sie mir kein zweites Mal mehr so sehr aufgefallen sind. Deshalb möchte ich an dieser Stelle auch von dieser kurzen Zeit berichten.

Kumbo
Das erste, was mir auf dem Weg vom Flughafen nach Hause aufgefallen ist, sind die großen Straßen, die hohen Wolkenkratzer in der Frankfurter Skyline und wie geregelt und ordentlich der Verkehr über die Straßen floss. In unsere Straße wieder einzubiegen, vor unserem Haus zu halten, das fühlte sich an wie Zuhause und doch ganz anders. Unser Haus von innen kam mir kahl vor, so sauber, da der Boden nicht von rotem Staub bedeckt war.

Als ich am Abend in mein Zimmer ging und das Licht anschaltete, brauchte die Glühbirne einen Moment, um anzugehen. Mein erster intuitiver Gedanke war „Ahja, kein Strom da“, wobei ich eine Sekunde später, als mein Zimmer erleuchtet war, lachen musste. Schließlich war ich nun in Deutschland, hier fiel nicht einfach so der Strom aus.

In den nächsten Tagen überraschte es mich selbst, wie schnell ich mich doch wieder an alles gewöhnte – Menschen, die größtenteils die gleiche Hautfarbe haben und die gleiche Sprache sprechen wie ich, U-Bahn statt Bike fahren, im Supermarkt mit riesiger Auswahl an allem einkaufen, selbst wieder Auto zu fahren.

Als ich nun also nach drei Monaten aus Sambia wieder zurückkehrte, war ich schon darauf gefasst, dass mir unser Haus sauber vorkommen würde, dass ich mich schnell wieder einleben würde und wie sich alles gleichzeitig so anfühlen sollte, als sei ich nie weggewesen und ich doch die Veränderung in mir selbst spüren würde.
So war die zweite Fahrt vom Flughafen nach Hause nicht mehr so besonders. Nun im Juli zurückgekehrt genoss ich Waffeln mit frisch gepflückten Himbeeren in der Abendsonne, die noch bis 23 Uhr schien. Diese langen Sommerabende hatte ich wahrlich vermisst, wenn es in Sambia immer pünktlich um 18 Uhr dunkel wurde.

Sonnenuntergang im Jugendzentrum in Kabwe
Was mir wohl am meisten auffiel, war, selbst nicht mehr aufzufallen. Gerade in Sambia, wo ich meist allein durch die Straßen gelaufen bin und dabei quasi eine wandelnde Attraktion war, habe ich mich oft danach gesehnt, einfach wieder wie unsichtbar zu sein. Ganz genau und mit viel aufmerksameren Blick nahm ich meine Umgebung nun wahr, wenn ich über die Straße lief, und realisierte immer wieder von neuem: Niemand sieht mich, niemand nimmt mich wahr – und ich genieße es jedes Mal sehr.

Eine weitere Sache, die mir gleich in den ersten Tagen aufgefallen ist, ist das Wasser, das aus der Leitung kommt. Nicht nur die Tatsache, dass wir immer Wasser haben, das war keine Überraschung, das war mir ja bewusst, sondern vielmehr, wie viel Wasser aus der Leitung strömt und wie viel wir damit auch verschwenden. Zumindest bei mir Zuhause fließt das Wasser mit einem Druck und in einer Menge aus der Leitung, die mich zuerst umgehauen hat, auch wenn sie mir zuvor nie aufgefallen ist. Ebenso verhält es sich natürlich bei der Dusche. Dabei würden wir bei einer kleineren Wassermenge sicherlich auch sauber, denn nie hatte ich in Kamerun/ Sambia das Gefühl, das Wasser würde zu langsam aus der Leitung fließen.

In diesem Jahr in Afrika habe ich mich innerlich sehr verändert. Ich habe mir neue Angewohnheiten angeeignet, viel über mich selbst gelernt und sehe die Welt nun mit einem anderen Blick als zuvor. Manche dieser Veränderungen kann ich mir gut auch in Deutschland beibehalten, doch einiges geht hier auch wieder schnell verloren. Mit der Gelassenheit ist das zum Beispiel so eine Sache. Ich war immer schon ein eher gelassener Mensch, doch auch mich hat es früher immer nervös gemacht, wenn mal eine U-Bahn ein paar Minuten auf sich warten lassen hat. So wollte ich nun eigentlich nicht mehr sein, dachte ich doch, ich hätte zur Genüge gelernt, dass diese paar Minuten nun auch nicht die Welt bedeuten. Doch als ich wieder einmal in Frankfurt an der Haltestelle stand und der Anzeiger für die Bahn nun schon seit fünf Minuten auf „2“ stand, während die Bahn einfach nicht kam, konnte ich kaum etwas dagegen machen, dass sich innerlich doch wieder der Stress in mir aufbaute. Die Menschen um einen herum, die schon genervt auf die Uhr blicken, sich bei ihrer Begleitung beklagen oder nervös über den Bahnsteig tigern – doch vor allem eines ist mir aufgefallen, was nervös macht: die Anzeige selbst. Die Tatsache, dass hier alles auf die Minute genau durchgetaktet ist - nicht nur die Bahn, sondern selbst Verabredungen sind meist schon auf einen bestimmten Zeitpunkt festgelegt und Veranstaltungen beginnen stets pünktlich.

Immer noch überrascht es mich, wenn ich auf die Straße trete, wie unglaublich ruhig es draußen ist – zumindest dort, wo ich wohne. Es sind nicht viele Menschen auf der Straße und die wenigen laufen meist allein statt in sich unterhaltenden, lachenden Grüppchen, es dröhnt keine laute Musik aus Geschäften, keine Autos hupen auf der Straße. Türen sind zumeist geschlossen, denn es ist nicht normal, die Haustür geöffnet zu haben. Gerade vormittags, wenn die meisten bei der Arbeit/ in der Schule sind, kommt mir die Straße nun oft leblos vor.

Ich freue mich über Vieles in Deutschland – über die langen Sommerabende, über Himbeeren aus dem Garten und dunkles Brot aus der Bäckerei. Ich freue mich darüber, nicht mehr aufzufallen, mehr ich selbst als nur so oft „die Weiße“ zu sein. Ich freue mich, wieder ins Theater gehen und Bücher aus dem öffentlichen Bücherschrank nehmen zu können. Ich freue mich, wieder so ohne große Erklärung leichter verstanden zu werden und nicht immer alles zum ersten Mal zu erleben.

Aber ich vermisse auch Vieles. Ich vermisse den Geruch von Staub, Puff Puff und Abgasen in der Luft, das Stimmengewirr und Lachen der Menschen auf der Straße. Ich vermisse die offenen Türen, das gemeinschaftliche Zusammenleben und das Tanzen in der Kirche. Ich vermisse es, auf dem Markt einkaufen zu gehen und auf dem Bike den Hügel hinunterzufahren. Vielleicht vermisse ich es am meisten, jeden Tag ein neues Abenteuer zu erleben.

Es liegt ein sehr aufregendes, erlebnisreiches Jahr hinter mir und nun wieder Zuhause kommt es mir doch manchmal leider vor wie ein langer Traum. In einem letzten Post werde ich demnächst noch einmal auf das ganze Jahr zurückblicken und somit zumindest auf dem Blog damit abschließen.
Bis dahin an dieser Stelle schon mal eine kleine Ankündigung und Einladung: Am Dienstag, den 18. September werde ich nach dem Gottesdienst (19 Uhr) in meiner Kirchengemeinde St. Edith Stein, Frankfurt-Riedberg, über das aufregende Jahr berichten und Fotos zeigen. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen!

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