Kirche und Glaube Teil 2 - Gruppen und Gottesdienste

In der Reihe „Kirche und Glaube“ geht es darum, wie ich diesen prägnanten Teil meiner Auslandserfahrung in den Ländern Kamerun und Sambia erfahren habe. Nachdem ich im letzten Artikel bereits die Struktur der Kirche erklärt habe, möchte ich nun die Kirchengruppen näher beleuchten und euch außerdem ein Bild von den Gottesdiensten geben.

Messdiener, Chöre und Commissions

Wie bereits angedeutet, gibt es außerhalb der kirchlichen Angebote wenige Freizeitaktivitäten, weshalb die meisten Mitglieder der Kirche nicht nur regelmäßig den Gottesdienst besuchen, sondern auch in diversen kirchlichen Gruppen aktiv sind. So gibt es in jeder Pfarrei bzw. Mission und Outstation für gewöhnlich gleich mehrere Chöre, verschiedene Jugendgruppen und sogenannte Lay-Groups, also Laiengruppen, die sich allerdings oft in Women’s und Men’s Groups aufteilen. Sowohl in Kamerun als auch in Sambia sind die Messdiener eine beliebte Jugendgruppe, die sich auch regelmäßig trifft, gemeinsame Aktivitäten hat und somit wirklich als Gruppe zusammenwächst und nicht nur eine lose Ansammlung von Jugendlichen ist, die Messe dienen. Außerdem gibt es in Kumbo noch die sogenannten Cadet’s of Mary bzw. für Kinder Little Lambs of Mary, auch Gruppen, die sich regelmäßig treffen. In Sambia gibt es außerdem die Gruppe „Holy Childhood“, von der ich schon einmal berichtet habe, da ich mit diesen Kindern das kleine Theaterstück einstudiert habe. Die älteren Mädchen, die aus dieser Gruppe hervorgehen (ca. 14-16 Jahre alt) und zumeist auch Gruppenleiterinnen sind, nennen sich „Stellas“ und sehen sich als eine Art Pendant zu den Messdienern, die in Kabwe alle männlich sind. Den Part, den sie in der Messe übernehmen, gibt es bei uns nicht, denn sie tanzen, während dem Gottesdienst.

Die Kathedrale von Kumbo - Unsere Chorprobe fand beispielsweise immer einfach rechts nebendran im Freien statt
All diese Gruppen treffen sich regelmäßig, meist direkt an der Kirche (ein Gemeindehaus oder so etwas gibt es weder in den Gemeinden, die ich in Kamerun besucht habe, noch in der Gemeinde, in der ich in Sambia bin) und viele sonntags nach dem Gottesdienst noch einmal extra für Ankündigungen etc. Da hier im Normalfall wirklich alle den Gottesdienst besuchen, kann man sich sicher sein, danach alle beisammen zu haben. Viele Mitglieder identifizieren sich sehr mit ihrer Gruppe und es wird auch erwartet, dass jeder mit Engagement dabei ist. So gehört es auch dazu, jemanden zu besuchen, wenn er krank ist, einen Angehörigen verloren hat oder Ähnliches. Außerdem folgen alle Gruppen derselben Struktur, die die Gruppe zusammenhalten und ordnen soll. So gibt es in allen Gruppen eine Chairperson oder einen President (also einen Vorsitzenden), einen Vice dazu (also stellvertretenden Vorsitzenden), Secretary (Sekretär; es wird tatsächlich meist bei jedem Treffen ein Protokoll verfasst) und Treasurer oder Financal Secretary (Schatzmeister). Die Jugendgruppen haben außerdem noch eine/n Patron und Matron, zwei Erwachsene Begleiter.

Viele Gruppen treffen sich nicht nur ein-, sondern mehrmals die Woche, was aufgrund der nicht vorhandenen Alternativen auch gut möglich ist – allerdings kann man sich eigentlich immer sicher sein, dass die Treffen wesentlich später als geplant starten.

Neben den Lay-Groups, die zumeist einen Heiligen zum Vorbild haben, gibt es außerdem verschiedene Commissions. Diese habe ich in Kamerun präsenter erlebt, das mag aber auch daran liegen, dass ich drei Monate lang im Office der Justice and Peace Commission war. Diese Commissions sind im Prinzip Ausschüsse, so gibt es zum Beispiel neben Justice & Peace auch eine Liturgical Commission (Liturgieausschuss) oder in Kamerun die Family Life Commission. Was die Arbeit dieser Commissions angeht, kann ich nur von meiner Erfahrung aus Kamerun berichten. Dort gibt es für die größeren Commissions (Family Life, Justice and Peace) hauptamtliche Mitarbeiter für das ganze Bistum. Auf ehrenamtlicher Ebene gibt es aus jeder SCC (wenn möglich) jeweils eine oder zwei Personen für jede Commission, die sich dann wiederum innerhalb einer Parish oder Mission Station (je nach Größe der Parish) zusammenfinden. Diese ehrenamtlichen Mitarbeiter erhalten zumeist auch ein Seminar als Training für ihre Aufgaben und sind diejenigen, die die eigentliche Arbeit „direkt am Menschen“ tun, während die Offices mit den hauptamtlichen Mitarbeitern eher für Administratives oder besondere Fälle, bei denen die Ehrenamtlichen nicht weiter wissen, zuständig sind.

Mass can last three hours or more, because you have to dance for your God

Dies ist eines der in unserer Abschiedsrede in Kumbo aufgestellten 10 Kumbo Commandments und beschreibt den Unterschied zwischen kamerunischen und deutschen Gottesdiensten wohl am besten – denn kamerunische Messen dauern lange und es wird viel getanzt.
Dort haben wir in Kumbo den Sonntagsgottesdienst besucht
Der Sonntagsgottesdienst beginnt zumeist recht früh (wobei der Tag allgemein früher beginnt, weshalb es für die Menschen kein Problem ist, so früh aufzustehen), in unserer Kirche in Bamkika’ay zum Beispiel um 6:30 Uhr. Ja, auch mich hat das anfangs etwas geschockt, aber um ehrlich zu sein, finde ich diese Zeit gar nicht so schlecht. So feiert man quasi mit Sonnenaufgang Gottesdienst und hat danach immer noch den ganzen Tag frei. Während es in Deutschland in der Kirche zumeist einen Organisten gibt, werden die Gottesdienste in Kamerun und Sambia immer von einem der vielen Chöre begleitet. Deshalb sind die vorderen Bänke auch immer für den Chor reserviert. Der Chor besteht oft nicht nur aus den Sängern, sondern wird entweder von traditionellen Instrumenten oder einem Keyboard begleitet.

Am Anfang der Messe ist die Kirche meist noch nicht besonders gefüllt, wie das aber bei allen Veranstaltungen so ist, trudeln die Menschen mit der Zeit ein, sodass spätestens bei der Eucharistiefeier sich so viele Menschen in die Bänke quetschen wie nur irgend möglich. Oft wird in den kamerunischen Messen alles gesungen, was nur gesungen werden kann und kein Teil der Messe ausgespart; Kyrie, zwei Lesungen mit Antwortgesang, Credo, Vater Unser, Lamm Gottes – schon allein dadurch wird die Messe wesentlich länger als in Deutschland. Einen der besonderen Höhepunkte bildet jedes Mal die Kollekte bzw. Offertory, da das Geld nicht einfach während eines Liedes in einen herumgehenden Korb geworfen wird, sondern jeder mit seinem Geld nach vorne geht oder auch tanzt. Das alles geht in einer Ordnung, die ich erst mit der Zeit verstanden habe. Zuerst gehen die einzelnen SCCs nach vorne, danach kommen einzelne Projekte entweder der Kirche oder man kann auch selbst etwas anmelden. Das sind dann spezielle Kollekten zum Beispiel für den Kirchbau, eine bestimmte Gruppe, eine Commission oder irgendwelche anderen gemeinnützigen Zwecke. So kann allein die Kollekte auch durchaus mal über eine Stunde dauern. Außerdem ist die Predigt oft länger als in deutschen Messen und nach dem Gottesdienst gibt es meist noch lange Ankündigungen, da die Kirche der beste Ort ist, um die Menschen zu erreichen.

Die Gottesdienste, die ich in Sambia miterlebt habe, liefen etwas anders ab. Zuerst einmal dauern sie nicht so lange, da weniger gesungen wird und auch die Offertory wesentlich schneller von statten geht (der Sonntagsgottesdienst dauerte meist zwischen 60 und 90 Minuten). Außerdem finde ich in Sambia sehr spannend, dass viel mehr gekniet wird als bei uns. So knien die Leute nicht nur zur Wandlung, sondern auch zum Kyrie, Gebet und Segen. In Sambia habe ich außerdem auch die liturgische Bedeutung des Tanzens kennengelernt, als mir erklärt wurde, dass beim Gloria und Sanctus getanzt werden sollte. Seit dem fällt es mir im deutschen Gottesdienst wirklich schwer, dabei still zu stehen, denn auch für mich macht es Sinn, warum man an diesen Stellen tanzen soll.

In Sambia ist mir außerdem aufgefallen, dass es normal ist, in der Parish Church nicht nur eine, sondern mehrere Sonntagsmessen zu haben. In meiner Kirche dort gab es zum Beispiel eine Bemba Messe um 7 Uhr, eine englische um 9 Uhr und eine zweite Bemba Messe um 10:30 Uhr. Außerdem wird gerade überlegt, aus der 7-Uhr-Messe einen Kindergottesdienst zu machen. Dies soll allerdings eine Messe mit Eucharistiefeier sein, die aber von den Kindern und Jugendlichen mitgestaltet wird. So wurde mir zum Beispiel von Kindergottesdiensten erzählt, in denen wechselnd unterschiedliche Jugendliche anstelle des Pfarrers (aber in der Vorbereitung von ihm unterstützt) predigen. Auch eine sehr schöne Idee, finde ich.

Insgesamt ist der Sonntagsgottesdienst für alle Menschen ein zentrales Ereignis in der Woche, es wird sich dafür schick gemacht und alle gehen hin, auch, damit hinterher nicht schlecht über sie geredet wird. Dabei ist allerdings den Menschen auch wichtig, dass sie sich sehen lassen können. So ziehen es die meisten leider vor, den Gottesdienst ausfallen zu lassen als mit einem dreckigen Kleid zu kommen.

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