Geburtstagspicknick, Hexerei und Zwischenseminar

10. Januar bis 04. Februar 2018

Kleiner Hinweis vorweg: Ich bin gut in Sambia angekommen und habe mich auch schon ein wenig eingelebt. Ein paar Posts werden nun erst noch über Kamerun kommen, aber ich werde mich damit jetzt wesentlich kürzer fassen als zuvor, ich möchte bloß trotzdem irgendwie meine Erlebnisse noch festhalten.

Wenige Tage nachdem wir aus Yaoundé zurückgekehrt waren, hatte ich Geburtstag und während sonst an diesem Tag meist grau-kaltes Winterwetter herrscht, konnte ich nun zu einem Picknick einladen. Wie es sich für einen Geburtstag gehört, gab es natürlich eine Menge Kuchen (zwei Stück habe ich geschenkt bekommen - und ich habe mich am Tag zuvor darüber gewundert, dass sowohl Therese als auch Edith sich Eier und Margarine bei uns ausgeliehen haben...) und Eli hat es geschafft, aus dem Maismehl hier gemischt mit Weizenmehl Wraps zu zaubern. Außerdem wurde mir gleich zwei Mal auf deutsch gesungen, einmal von Therese, die fleißig mit Eli geübt hat, und einmal von den Sisters aus Romajay, denen die österreichische Schwester "Viel Glück und viel Segen" beigebracht hatte. Es war weder ein "typisch deutscher" noch ein "typisch kamerunischer" Geburtstag, aber ein sehr schöner allemal.
Eine typische Art, den Geburtstag zu feiern, gibt es in Kamerun übrigens nicht wirklich, denn viele feiern ihren Geburtstag gar nicht oder wissen nicht einmal, wann sie geboren wurden. Ansonsten ist es (ähnlich wie bei uns) üblich, in die Schule oder zur Arbeit etwas mitzubringen - allerdings zumeist nicht Kuchen, sondern entweder nur ein paar Kekse oder eine richtige Mahlzeit.

Geburtstagspicknick
Nach unserem langen Urlaub arbeiteten Eli und ich nun gemeinsam im Jugendzentrum, wobei unsere Arbeit in erster Linie aus Texte abtippen, in der Küche helfen oder in der Näherei zuschauen bestand. Außerdem sollten wir den Jugendlichen im Computerunterricht das Internet beibringen, allerdings gab es keinen Internetanschluss, was die Sache etwas kompliziert gemacht hat. In unserer ersten Internetstunde haben wir ihnen daher nur die theoretischen Grundlagen und Grundbegriffe (was ist überhaupt das Internet, was ist ein Server, ...) beigebracht, wobei wir uns da zugegebenermaßen auch selbst erst einmal einlesen mussten.

ein Eindruck von der Trockenzeit
Am nächsten Wochenende sind wir mit dem Jugendzentrum nach Sabongari gefahren. Sabongari ist ein Ort am Rande des Bistums, der wesentlich niedriger als die Stadt Kumbo liegt und in dem es somit auch wesentlich wärmer ist. Dort fand gerade die Youth Enrichment Week statt, eine Woche für die Jugend voller Gebete, Gesänge und Vorträgen, um die Jugend zu bilden und zu motivieren. Diese Wochen finden abwechselnd in den verschiedenen Pfarreien des Bistums statt, wobei unter der Woche die Pfarrei selbst Programm für die Abende organisiert und am Wochenende das Jugendzentrum dazukommt, um gemeinsam abzuschließen.

Der Weg nach Sabongari war schon reichlich abenteuerlich, denn die Straße war (mal wieder) wirklich nicht gut und zum ersten Mal habe ich hier Buschfeuer gesehen. Buschfeuer sind ein typisches Phänomen der Trockenzeit, sie entstehen entweder ungeplant oder aber dadurch, dass die Leute ihre Farm anzünden, um die ungeplanten Feuer zu verhindern und die Asche als Dünger zu benutzen. Von diesen Buschfeuern hat es Asche geregnet. Außerdem ging es über Brücken, die ich nur betend überqueren konnte, so instabil wie sie aussahen und Sabongari ist eine abgelegene, sehr große Pfarrei, die sich über mehrere Dörfer erstreckt. Hier gab es an vielen Häusern kein Strom, in der Dämmerung saßen die Frauen vor den Häusern am Feuer und kochten, die Kinder spielten auf der Straße mit alten Reifen und Flaschen - das war noch einmal ein anderes Afrika als ich es aus Kumbo kannte.

Das Youth Enrichment Program dieses Wochenendes hat mir allerdings leider nicht gut gefallen. Während Eli und ich beeindruckt von der Zahl an Jugendlichen waren, war Fr Francline enttäuscht, weil er viel mehr erwartet hatte. Diese Enttäuschung hat er den Jugendlichen gezeigt, indem er sie dafür angemeckert hat, wie schlecht die Jugendarbeit in dieser Pfarrei laufen würde. Dadurch herrschte das ganze Wochenende über kein gutes Klima dort und ich fand es sehr anstrengend, mir die ganze Zeit diese Strafpredigten anhören zu müssen.
Samstagnachmittag hielten zwei Jugendliche aus dem Jugendzentrum Vorträge für die Jugendliche über Sexualität. Jede Youth Enrichment Week steht unter einem Thema, z. B. Sexualität, Freundschaft, Moral, ... zu dem dann immer zwei Jugendliche des Jugendzentrums einen Vortrag halten. Dieses Konzept gefällt mir echt gut und die Vorträge waren auch sehr interessant.

Blick auf die Kirche in Sabongari
In der Woche darauf hatten wir im Jugendzentrum ein sehr interessantes Gespräch mit Br Reuben, dem Seminaristen, der mit Fr Francline zusammenarbeitet, über Hexerei. Für das bald erscheinende Jugendmagazin sollten wir einen Text abtippen, der von Ablenkungen beim Beten handelte. An sich fand ich das Thema gut, der Text hatte dann aber (für mich) immer abstrusere Folgerungen und Argumente. So war mehrmals die Rede vom Teufel und den menschlichen "Agenten des Teufels", die einen in der Kirche zum Beispiel durch aufreizende Kleidung ablenkten, und am Ende wurde gar behauptet, dass man Gedanken übertragen könne, was folgendermaßen bewiesen wurde: Wir kennen es doch alle, dass man ein Lied im Kopf hat und bald darauf hört, wie jemand in der Nähe dieses Lied singt oder pfeift, also muss gerade Gedankenübertragung stattgefunden haben, dass beide dasselbe Lied im Ohr haben. Davon, dass man vielleicht unterbewusst den anderen singen gehört hat und dadurch der Ohrwurm entstand, war keine Rede. Da wir diesen Text so nicht einfach stehen lassen wollten, sprachen wir Br Reuben darauf an, ob er den Aussagen dieses Artikels wirklich zustimmte, wodurch sich ein längeres Gespräch über den Glauben an Hexerei ergab.

Tatsächlich war mir zuvor nicht bewusst, dass der Glaube an Hexerei und Magie (hier wird es immer "witchcraft" genannt) noch so fest in den Köpfen der Menschen verankert ist, vor allem hätte ich nicht erwartet, dass selbst sehr gebildete Menschen noch daran glauben und dieser Glaube neben der Religion existieren kann. Dabei hat mich vor allem fasziniert, wie logisch ich mir viele Gedanken und Glaubensansätze erklären kann, da Br Reuben uns beispielsweise erklärt hat, dass die Leute Laptops, Flugzeuge und andere moderne Erfindungen für Produkte der Zauberei halten, während für uns dieser Dinge durch Intelligenz entwickelt wurden. Dieser Gedanke ist insofern gut nachvollziehbar, als dass all diese Dinge sich in unserer Welt entwickelt haben, während sie nach Afrika (bzw. Kamerun) einfach schlagartig gebracht wurden, ohne dass es eine Entwicklung gab, wodurch das natürlich schnell nach Zauberei aussehen kann.

Die letzte Woche im Januar befanden wir uns wieder einmal nicht bei der Arbeit, denn es ging zu unserem Zwischenseminar nach Kribi, direkt ans Meer. Es war wirklich schön, für eine Woche so viele andere Freiwillige zu treffen, sich mit ihnen über all die Erfahrungen austauschen und die Zeit gemeinsam reflektieren zu können. Das Seminarprogramm von Brot für die Welt war ein guter Mix aus inhaltlicher Arbeit, Reflexion und Entspannung (das Hotel lag direkt am Meer, sodass man in jeder Pause in die kühlenden Wellen springen konnte). Ganz besonders gefallen hat mir dabei ein Themenblock zur anglophonen Krise, der von einem Journalisten durchgeführt wurde.

Leider begleitete uns die anglophone Krise noch weiter, denn in der Mitte des Seminars bekamen wir die Nachricht, dass in Bamenda zwei Polizisten auf offener Straße erschossen wurden und es im Moment wohl nicht sicher dort sei. Die Freiwilligen von Brot für die Welt sollten daher erst mal nicht nach Bamenda bzw. Kumbo zurückkehren, sondern nach dem Seminar im frankophonen Teil bleiben. Nach einigem hin und her telefonieren sollten Eli und ich dennoch zurück nach Kumbo fahren, da Bamenda sich nach diesem Vorfall schnell wieder beruhigt hat und wir in Kumbo insofern sicherer aufgehoben waren, als dass wir dort im Zweifelsfall immer ins Bischofshaus konnten, während wir im frankophonen Teil Kameruns keine direkten Kontakte hatten. So machten wir uns am Ende des Seminars allein auf den Weg zurück nach Kumbo.

Ausblick vom Hotelzimmer in Kribi

diese Wasserfälle führen direkt ins Meer





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