Wohin einen das Leben manchmal treibt

05. bis 07. April 2018

Diese Worte denke ich hier wohl am häufigsten, wenn ich manchmal einfach nur dastehe und nicht glauben kann, dass das tatsächlich mein Leben ist, das ich gerade lebe. Aber beginnen wir bei meiner Ankunft in Sambia. Der Optimismus aus meinem kurzen Gruß vom Frankfurter Flughafen, hielt sich nicht lange und als das Flugzeug vom Frankfurter Flughafen abhob, flossen Tränen über meine Wangen, während meine einzigen Gedanken waren: „Was zum Teufel tust du da eigentlich?!“ und „Manchmal ist die Grenze zwischen mutig und dumm ganz schön schmal; bist du dir sicher, dass du allein nach Sambia gehen willst?“ Ehrlich gesagt, hätte mir in diesem Moment jemand die Möglichkeit gegeben, zurückzugehen, vermutlich hätte ich es getan. Aber ich saß ja im Flugzeug, zum zweiten Mal innerhalb einen Jahres ohne zu wissen, wie die nächsten Wochen aussehen würden.

Beim Blick aus dem Flugzeug ist ein bisschen Fernweh in mir entbrannt - das hier müsste in etwa über Tansania gewesen sein

Beim Landeanflug
Nach zwei langen Flügen mit Umstieg in Dubai hatte ich endlich Sambia erreicht und stand nervös in der Schlange zur Einreise – hatte ich doch aufgrund der Kurzfristigkeit noch kein Visum bislang. Aber es lief alles einfacher als gedacht und als ich schließlich (mit meinem gesamten Gepäck wohlgemerkt) aus dem Flughafen trat und Bruce, meinen Mentor, den ich bislang nur auf einem WhatsApp-Profilbild gesehen hatte, auf Anhieb erkannte, fiel die nervöse Anspannung mit einem Mal von mir ab und machte der Erleichterung Platz. Bruce holte mich zusammen mit Fr Alexander (dem Pastoral Coordinator des Bistums, meinem zweiten Mentor) ab und es ging von Lusaka direkt nach Kabwe. Kabwe, mein neues Zuhause, ist etwa zwei Stunden von der Hauptstadt entfernt. Auf dem Weg ging es vor allem vorbei an Feldern, die ziemlich ordentlich abgesteckt waren (mir ist schon im Flugzeug aufgefallen, dass die Anbauflächen ziemlich geordnet sind, da sieht das Land von oben gar nicht so anders aus als Deutschland). Ich habe irgendwie versucht, die ganzen neuen Eindrücke zu verarbeiten, bin aber auch immer wieder eingeschlafen, weil die schlaflose Nacht im Flugzeug doch ganz schön an meinen Kräften zerrte.

Im Dunkeln erreichten wir gegen 18:30 Uhr Kabwe, doch anstatt direkt zu meiner Unterkunft zu fahren (über die ich nebenbei bemerkt zu diesem Zeitpunkt nichts Weiteres wusste als, dass es ein „Community House“ im Jugendzentrum sei), ging es erst mal über verwinkelte Wege („Unser Bischof lebt im Busch“) zum Bischofshaus, da der Bischof die nächsten Tage nicht da sein würde, ich ihn aber gleich am Anfang treffen sollte. Bischof Mulenga, der erste Bischof der jungen Diözese Kabwe (sie existiert erst seit fünf Jahren und gehörte zuvor zur Diözese Lusaka), wirkt auf mich ziemlich bodenständig und den Gemeindemitgliedern nahe. Ich habe ihn nur kurz an diesem Abend getroffen, aber er war sehr nett und hat mir eine gute Zeit in Kabwe zugesichert. Danach ging es also endlich zu meiner Unterkunft. Direkt vor der Haustür erfuhr ich dann, was sich hinter dem Ausdruck „Community House“ verbarg: ein Kloster der Salesianer, die das Jugendzentrum leiten.

Die Salesianer Don Boscos ist eine der größten Ordensgemeinschaften weltweit und folgt (wie der Name vermuten lässt) den Lehren Don Boscos, einem Priester, der sich sehr für die Jugendarbeit einsetzte. Sein bekanntestes Zitat "Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen.", sagt wohl am meisten über den Ansatz der Salesianer aus. Es gibt sowohl einen Männer- als auch einen Frauenorden davon.

Im Kloster lebten, als ich ankam, zwei Priester, zwei Aspiranten (die der Gemeinschaft beitreten möchten) und zwei Brüder, wobei diese nur zum Schlafen hier sind und eigentlich zu einem anderen Jugendzentrum in einer anderen Pfarrei gehören. Und nun auch ich. Das erste, was mir beim Abendessen gesagt wurde, war: „In Sambia musst du viel essen, erst Recht, wenn du nur mit Männern zusammenwohnst.“ Gut, viel essen bin ich ja schon aus Kamerun gewöhnt. Übermüdet und erschlagen von den neuen Eindrücken wie ich war, habe ich an diesem Abend so ziemlich keine Information mehr aufgenommen und war froh, als ich endlich in mein Bett fallen konnte.

Am nächsten Morgen wurde ich von Bruce abgeholt. Im Pastoral Center (gleich um die Ecke) trafen wir uns mit Fr Alexander und berieten ein bisschen über meine Zeit und Aufgaben hier, wobei wir nur zu dem Schluss kommen konnten, dass ich meine Arbeit mit den beiden Pfarrern, mit denen ich zusammenlebe, absprechen muss, da diese gleichzeitig auf meine „Chefs“ sind. Außerdem erklärte Bruce mit ein paar Sachen zu Sambia, wir machten Termine für Bemba-Stunden (Bemba ist die lokale Sprache hier, die allerdings (anders als Lamnso‘ in Kumbo) fast in ganz Sambia gesprochen wird, weshalb die Leute weniger englisch sprechen hier) und er zeigte mir schließlich ein bisschen die Stadt bzw. die wichtigsten Orte (wo kann ich Geld abheben, wo einkaufen, wo ist das Krankenhaus?).

Am Nachmittag war ich im Jugendzentrum, das sich auf dem gleichen Gelände wie das Kloster befindet. Das Jugendzentrum hier ist riesig, mit einer großen Bühne und Vordach, einem Fußballfeld, zwei Basketballfeldern, einem Feld für Netball und einem für Volleyball. Darüber hinaus gibt es einiges an Spielzeug für Kinder (Kuscheltiere, Puzzles, Seile zum Seilspringen,…), einen Computerraum und einen Raum mit Tischtennis und Billard. Allgemein ist es ganz anders aufgebaut und ausgerichtet als das Jugendzentrum in Kumbo. Jeden Nachmittag außer montags (da haben die Priester hier frei) findet das Oratorium statt, zu dem die Kinder und Jugendlichen (die Altersspannweite ist tatsächlich ungefähr fünf bis Mitte 20) kommen und sich einfach dort beschäftigen können. Wenn das Oratorium um 17:30 Uhr schließt, kommen alle zusammen und neben ein paar Ankündigungen wird aus der Bibel gelesen und gemeinsam gebetet. Natürlich musste ich mich an diesem Tag als Neue vorstellen.

Wie das in einem Kloster so ist, gibt es natürlich auch Gebetszeiten, so habe ich an diesem Abend auch an der Vesper (dem Abendgebet) teilgenommen. Nach dem Abendgebet beten die Salesianer außerdem immer noch den Rosenkranz, allerdings nicht in der Kapelle, sondern durch das Kloster gehend. Das war anfangs für mich ein wenig seltsam und ja, es fiel mir auch etwas schwer das Ganze ernst zu nehmen, aber mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt und bete auch relativ oft mit.

Generell ist es eine sehr spannende Erfahrung für längere Zeit in einem Kloster zu leben. Ich lebe zwar nicht ganz mit, da ich nicht jeden Tag in den Gottesdienst gehe (der ist allerdings auch immer in Bemba) und auch beim Morgengebet nicht dabei bin, aber was zum Gemeinschaftsleben hier auch dazugehört, sind gemeinsame Mahlzeiten. So beginnt und beendet das Frühstück zwar jeder für sich (aber im Prinzip doch alle zur gleichen Zeit), beim Mittag- und Abendessen wird aber immer gemeinsam davor und danach gebetet und solange sitzen auch alle beisammen. Montags bis samstags arbeitet hier eine Haushälterin, die unter anderem auch kocht, den Abwasch zum Beispiel mache ich aber meistens zusammen mit den Aspiranten.

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