Wochenende | Orientierung in Kumbo, Nachbarschaft erleben, erster kamerunischer Gottesdienst

21. - 23. Juli 2017

Während ich diesen Post schreibe, ist bereits mein zweites Wochenende in Kumbo angebrochen und das letzte erscheint mir durch all die Erlebnisse der letzten Woche schon total fern. So viele Dinge, die in diesen ersten Tagen hier noch neu für mich waren, werden nun schon zur Normalität für mich und ich kann leider kaum mehr meine ersten Eindrücke hier festhalten.

Freitagmorgen haben wir bei Fr Francline gemeinsam mit ihm und ein paar der Pfarrer, mit denen er zusammenlebt, gefrühstückt. Es gab Omelette (das es hier gefühlt immer und überall zum Frühstück gibt) und weiche Brötchen (so milchbrötchenartige) mit Mayonnaise. Danach (oder davor? Ich bin mir nicht mehr ganz sicher) haben wir außerdem kurz das Pastoral Center, das bei uns um die Ecke ist, besucht und wurden dort gleich herumgeführt. Das Pastoral Center ist so eine Art großes Seminarhaus bzw. ganzes Gelände dafür; diese Woche z. B. fand dort ein Retreatment für alle Pfarrer des Bistums statt.

Ich finde es hier übrigens auffällig zu sehen, wie ordentlich und gepflegt so ziemlich alles ist, was der Kirche gehört, wie z. B. das Pastoral Center oder auch der gesamte Bischofshügel und die Kathedrale, während der übrige Teil der Stadt zwar nicht heruntergekommen, aber doch wesentlich einfacher und weniger gepflegt ist. Beispielsweise das Pastoral Center hat richtig ordentliche Wege, umsäumt von Blumenbeeten und einen gut gepflegten Garten. Bilder habe ich leider noch nicht, die kommen später noch.

Den Vormittag nutzten wir dazu, ein paar Dinge für's Haus, sowie kamerunische SIM-Karten zu besorgen, alles bei Kenneth, dem Besitzer eines kleines Shops am Squares (dem Mittelpunkt Kumbos, wo auch die Kathedrale ist). Kenneth ist super nett und hilfsbereit zu uns uns hat sich echt viel Zeit für uns genommen; bis ich endlich eine funktionierende SIM-Karte hatte, hat es nämlich ein bisschen gedauert, denn erst wollte mein Handy, dann die Karte nicht, aber er hat sich um alles gekümmert. Außerdem haben wir beschlossen, eine WLAN-Box zu kaufen, was auf die Dauer günstiger und praktischer als Internet-Sticks für den Laptop ist. Fr Fancline hat uns allein bei Kenneth gelassen, da er mittags eine Messe halten musste und nachdem es draußen begonnen hatte, in Strömen zu regnen, stand plötzlich Fr Oliver, der Finanzsekretär, den wir schon bei unserer Ankunft kurz kennengelernt hatten, mit seinem Auto vor dem Shop und uns winkte uns hinein. Bis heute wissen wir nicht, ob er uns einfach nur dort stehen sehen hat und sich dachte, dass wir nicht wüssten, wo wir hin sollten, oder ob Fr Francline ihn geschickt hatte. Auf jeden Fall brachte er uns direkt nach Hause.

Dadurch, dass wir nun den halben Tag doch in unserem Häuschen verbringen sollten, hatten wir auch Gelegenheit, die Nachbarn langsam kennenzulernen. So stand bald, nachdem wir angekommen waren, Edith in unserer Tür, begrüßte uns und lud uns sogleich zu sich zum Abendessen ein. Da wir nicht nur auf den Geschmack, sondern auch die Zubereitung des Essens neugierig waren, beschlossen wir, ihr beim Kochen zuzusehen und ein bisschen zu lernen, daraus wurde allerdings eher, dass ihre beiden Kinder (eines vier, eines zwei) auf uns herumturnten, während sie kochte. Es war aber auch so ein schöner und lustiger Abend, an dem wir gleich schon wieder ein kamerunisches Gericht probieren konnten: Schwarze Bohnen mit Plantaines.

Samstag starteten wir mit einem Frühstück bei Edwin (es gab mal wieder Omelette), einem Coffee Shop Besitzer am Squares, der seine Karte stark nach westlichem Essen ausgerichtet hat; anscheinend ist sein Lokal auch so der Freiwilligen-Treffpunkt in Kumbo. Mal sehen, wie oft wir dort noch sein werden, geschmeckt hat es auf alle Fälle.
An diesem Tag besorgten wir nun auch endlich Lebensmittel. Da Fr Francline nicht so viel Zeit hatte und wir noch nicht wussten, wie viel die Sachen alle so wert sind, es auf dem Markt aber keine festen Preise gibt, sondern gehandelt wird, haben wir alles, was wir dort bekamen, im Supermarkt besorgt. Dabei ließen wir uns von Fr Francline eine große Palette Eier und ein Glas Mayonnaise andrehen, ohne zu bedenken, dass ohne Strom natürlich auch unser Kühlschrank nicht funktioniert.

Nur Obst und Gemüse bekamen wir nicht im Supermarkt, weshalb wir doch noch einen kleinen Abstecher zum Markt machten. Dort blieb Fr Francline bei mehreren Ständen stehen, um die Verkäufer, die er kannte, zu grüßen. An einem Stand fragte er schließlich nach einer Flasche Wasser, bat uns mit in die kleine Hütte hinein (die meisten Stände sind so kleine Hütten, aus denen heraus dann verkauft wird) und verkündete, dass wir nun ein Gebet für den Stand sprechen würden. So weit, so gut: ein paar Worte zum Markt, zum Stand und zu den Lebensmitteln, ein Vater unser, ein Ave Maria. Doch als er dann die Wasserflasche öffnete und begann, damit den Stand zu segnen, musste ich mich echt zusammenreißen, nicht zu lachen. Ich finde die Geste zwar wirklich schön, aber gleichzeitig erschien es mir auch ziemlich verrückt, einfach mal spontan mit Flaschenwasser einen Marktstand zu segnen.
Zum ersten Mal kochten wir in unserer eigenen Küche (es gab Nudeln mit angebratenen Tomaten und Rührei) und bekamen am Abend noch ein bisschen Besuch von den Nachbarn.

Unser erster kamerunische Gottesdienst begann Sonntagmorgen um 6:30 Uhr und fand in der Kirche im Jugendzentrum statt (das sind so 20 Minuten zu Fuß für uns). Obwohl es so früh am Morgen war, war die Kirche komplett voll (in unserer Reihe standen wir echt gequetscht und konnten kaum alle gleichzeitig sitzn und hinten standen auch noch viele in der Kirche) und die Leute sahen überhaupt nicht müde aus. Wir beobachteten vor allem, wie schick sich viele für den Gottesdienst gekleidet hatten und vor allem, wie bunt die Kleidung war, denn wir hatten zwar auch darauf geachtet, eher schicke Sachen anzuziehen, aber das, was nach deutschen Maßstäben als schick gilt, sind eben meist eher gedeckte oder dunkle Farben. Auch sonst war der Gottesdienst eine besondere Erfahrung. Er ging knapp zwei Stunden lang, es wurde viel und laut gesungen und die Kollekte allein dauerte recht lange, weil jeder vorgegangen ist, um seine Spende vorne in einen Eimer zu werfen. Dabei gab es nicht eine geordnete Reihe wie bei der Kommunion, sondern jeder ging einfach irgendwann (zumindest schien es für mich so, vielleicht gibt es da auch ein System, das ich nur noch nicht durchblickt habe) und es gab insgesamt drei Durchgänge, bei denen immer wieder Leute mit Eimern nach vorne liefen und andere mit ihrer Spende hinterher, wobei sich die meisten auch noch im Rhythmus der Musik bewegten. Darüberhinaus gab es viele Teile, die die Gemeinde gemeinsam gesprochen hatte, die weder Elli noch ich kannte, da müssen wir wohl noch herausfinden, was dahinter steckt, und die Vermeldungen zogen sich am Ende sehr in die Länge. Über die Gottesdienste möchte ich allerdings gerne noch einen weiteren Post verfassen, wenn ich schon ein paar mehr miterlebt habe.

Der Sonntag war der erste Tag, an dem wir uns hier vollständig um uns selbst gekümmert haben, ohne Fr Francline um uns herum zu haben. So sind wir am Nachmittag noch einmal zum Squares gegangen (diesmal zum ersten mal zu Fuß über einen Trampelpfad), um meine nun endlich funktionierende SIM-Karte abzuholen. Dabei ist uns auch aufgefallen, wie wenig Menschen hier zu Fuß irgendwo hingehen. An den Straßen gibt es zumeist nicht mal ansatzweise etwas, was man als Fußgängerweg nutzen könnte, und wir gefühlt alle paar Sekunden von einem Bike-Fahrer gefragt, ob wir nicht mitfahren wollen - "No, thank you" ist bestimmt schon einer der Sätze, die ich hier am häufigsten gesagt habe.

Wir waren gerade auf dem Rückweg, als wir plötzlich von hinten jemanden unsere Namen rufen hörten. Erstaunt drehten wir uns um und versuchten das Gesicht des Jungen, der gerade auf uns zugelaufen kam, irgendeinem Namen zuzuordnen - es waren einfach so viele neue Gesichter und Namen in den letzten Tagen, dass ich sie mir kaum alle merken konnte, doch an ihn konnte ich mich wirklich nicht erinnern. Natürlich nicht, ich hatte ihn ja auch noch nicht gesehen. Barry, wie er sich uns vorstellte, war ein Freund unserer Vorgängerinnen und arbeitet bei Greencare, einer kleinen Umweltschutzorganisation/ Bio Farm in Kumbo (Charlotte und Elinor hatten uns sogar schon von ihm erzählt). Er wusste, dass die neuen Freiwilligen bereits in Kumbo waren und als er zwei weiße Mädchen über die Straße laufen sah, dachte er sich, dass wir das sein müssten und versuchte es einfach mal. Nachdem er uns das erklärt hatte, verkündete er, dass er am nächsten Tag gemeinsam mit zwei spanischen Freiwilligen einen Wasserfall in Shisong (ein Stadtteil von Kumbo) besuchen wolle und lud uns gleich ein mitzukommen. Wir hatten noch keinen Plan für den nächsten Tag und freuten uns, andere Leute kennenzulernen und sagten gleich zu, eine gute Entscheidung, wie euch mein nächster Post mit vielen Fotos zeigen wird.

Am Abend gab es Reis mit Rührei (wir planen schon, nach diesem Jahr ein Kochbuch zu veröffentlichen: Eirezepte für jeden Tag; irgendwie müssen wir die ganzen Eier ja ohne funktionierenden Kühlschrank wegbekommen) und da wir ein bisschen Abwechslung und nicht wieder Tomaten essen wollten, gab es dazu Ketchup.

(Bilder kommen demnächst, wenn es besseres Internet/ mal wieder Strom gibt und über einige Sachen würde ich auch gerne noch etwas ausführlicher schreiben (Gottesdienste, Nachbarschaft, ...), das kommt hoffentlich bald, erst mal will ich wenigstens meine Erlebnisse festhalten.)

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4 Kommentare

  1. Ich finde deine Berichte wirklich immer sehr spannend :).

    Zum Beispiel finde ich es interessant, dass du beschreibst, dass in Kumbo zu Fuß gehen scheinbar nicht die Regel ist. Gilt das auch für wirklich kurze Strecken, die man gut laufen kann? Denn eigentlich ist laufen ja das preiswertes Fortbewegungsmittel :D.

    Dass sich die Menschen dort für die Kirche so bunt kleiden, finde ich schön. Eigentlich ist es schade, dass bei uns elegante und schicke Kleidung immer so dunkel und gedeckt oder höchstens weiß ist. Warum eigentlich? Will man nicht auffallen? Oder nicht andere Leute durch bunte Farben stören?

    Eirezepte für jeden Tag xD. Da wäre ich gespannt drauf ^^.
    Aber vielleicht kannst du hier ja wirklich mal typisch kamerunische Rezepte posten. Ich fänd das spannend :).

    Liebe Grüße
    Charlie

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    1. Ja, das gilt auch für sehr kurze Strecken, das habe ich mir aber auch gedacht :D

      Ich finde das auch total schade, diese bunten Sachen gefallen mir richtig gut!

      Jap, mache ich bald :)

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  2. Die Berichte sind echt unterhaltsam und lebendig, Danke!
    Schön, dass dir Kamerun so gut zu gefallen scheint.
    ������������

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